Für Vielfalt und gegen Intoleranz

Wir mögen Boden. Wir stehen mit beiden Beinen darauf, manche wühlen öfter darin herum, manche riechen sogar gerne daran. Die meisten von uns haben ein oder zwei Lieblingsflecken, doch unser Engagement für die Erde ist grenzenlos. Lokal verwurzelt zu sein, gibt uns Kraft, an globalen Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu arbeiten.

Wir glauben, dass Vielfalt uns krisenfester macht - nicht nur ökologisch, sondern auch kulturell und politisch. Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Gesellschaft und unsere Partnerhöfe Räume sind, in denen sich Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Perspektiven willkommen fühlen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit lehnen wir ab. 

Kulturland und rechte Siedler 

18. Juni 2020

Wegen einer Landkauf-Anfrage sehen wir uns zu einer Klarstellung veranlasst. 

Mit  "rechten Siedlern" müssen sich Bio-Anbauverbände, SoLaWis und auch die sozial-ökologische Gemeinschaftsszene leider immer wieder auseinandersetzen. Der Umgang damit ist schwierig, weil es einerseits um ein emotional aufgeladenes Thema von hoher prinzipieller Bedeutung geht, andererseits tragende Initiativen und Einzelpersonen oft so freundlich, engagiert und harmlos daherkommen. 

Doch wo hört Harmlosigkeit auf, wo fängt Verharmlosung an? Nehmen wir zum Beispiel „Familienlandsitze“ von 1 ha Größe mit Wohnhaus, auf denen sich eine Familie autark und ökologisch versorgt, wie sie z.B. die Anastasia-Bewegung des russischen Autors Vladimir Megre propagiert.   

Gegen solche Kleinsthöfe ist erstmal garnichts einzuwenden, sie tun der Natur gut, lösen einige Probleme (schaffen dafür neue, z.B. zur Frage von Geschlechterrollen, Kinderarbeit und Selbstausbeutung), wurden von früheren Sozialreformern auch schon vorgeschlagen, würden im Übrigen von uns nicht als Bodenträger unterstützt, denn wir möchten mit unseren Mitteln regional eingebundene Höfe mit Außenbezügen fördern und unterstützen keine Selbstversorgerprojekte.

Doch was die Anastasia-Bewegung angeht, müssen wir klare Stellung beziehen. Der ideologische Kontext der Familienlandsitz-Bewegung, der in den zehn Anastasia-Büchern von Megre ausgebreitet wird, ist rückwärtsgerichtet und ausdrücklich antisemitisch und antidemokratisch. Beschrieben wird eine glückliche Vergangenheit, in der eine fiktive „reinrassige“ Urbevölkerung (die Weden) im Einklang mit der Natur lebte: Dort sei unsere Zukunft, in „natürlichen“ Lebensweisen und Geschlechterrollen. Die moderne Zivilisation verbaue diesen Weg, sie müsse überwunden werden. 

Doch was heißt das, die Zivilisation überwinden? Was ist mit Menschenrechten, Selbstbestimmung, Wissenschaft, Meinungsfreiheit? Die Anastasia-Zukunft verträgt sich nicht mit in einer weltoffenen, pluralistischen, rechtsstaatlichen und freiheitlichen Gesellschaft.  

Und hier heißt es aufwachen. Wir leben in Deutschland. Es gibt nach der finsteren deutschen Vergangenheit der 1930er und 1940er Jahre in gesellschaftlichen Fragen keine Unschuld mehr. Man kann Anregungen aus einem fragwürdigen Kontext (der vielleicht nicht sofort erkennbar ist) aufnehmen, aber man kann dies nicht tun, ohne sich mit dem Kontext zu beschäftigen und dazu Stellung zu beziehen. Einordnen und ggf. Distanzieren ist gefordert.

An den Gräueln des Nationalsozialismus war von uns Nachlebenden niemand beteiligt. Gerade das macht Achtsamkeit und Erinnerung unverzichtbar. Die Taten und Unterlassungen unserer Großeltern sind uns allen bekannt. Erinnerung muss bewusst geleistet werden, sonst verschwindet mit dem Gedächtnis auch die Würde der Opfer. Es ist unsere Aufgabe, unser Leben dafür einzusetzen, dass es nie wieder zu menschenverachtenden Gesellschaftsverhältnissen kommt. 

Wir haben uns daher darauf verständigt, dass wir mit Initiativen, die sich von fraglichen ideologischen Hintergründen – sei es aus Vorsatz, sei es aus Naivität – nicht ausdrücklich distanzieren, nicht zusammenarbeiten werden.  

Nachtrag: Erwähnung in ZEIT-Artikel

17.11.2020

Kürzlich hat die ZEIT in einem Artikel sehr positiv auf unsere Positionierung gegen rechte Siedler und die Anastasia-Bewegung hingewiesen. In dem Artikel von Sebastian Lipp wird auf die verborgenen rassistischen und antisemitischen Ideologien der Anastasia-Bewegung eingegangen. Es wird betont, wie wichtig es ist, sich klar gegen solche Ideologien zu positionieren und keine Zusammenarbeit mit Initiativen einzugehen, die sich nicht ausdrücklich davon distanzieren. 
"Widerstand gibt es nur da, wo klare ideologische Grenzen existieren, wie bei der Genossenschaft Kulturland aus Niedersachsen" schreibt die ZEIT zu unserer klaren Positionierung.

Wir freuen uns über die positive Erwähnung in der ZEIT und sehen uns in unserem Handeln bestärkt. Unser Engagement gilt weiterhin einer pluralistischen, weltoffenen und rechtsstaatlichen Gesellschaft. Zusammenarbeit kommt für uns nur mit Initiativen infrage, die diese Grundsätze uneingeschränkt teilen.

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