Eine solidarischer Höfebeitrag statt Pacht

Die Idee eines Paradigmenwechsels

Beim ersten Treffen des Höferats im November 2019 wurde den Anwesenden deutlich, dass Begriffe wie „Pacht“ dem herkömmlichen Bild des Landeigentümers und Landnutzers entsprechen, nicht aber unserem Bild des Gemeinguts bzw. Verantwortungseigentums.

Beim zweiten Treffen des Höferats im Februar 2020 wurde das Thema vertieft und es wurde beschlossen, die Pacht durch einen „solidarischen Höfebeitrag“ zu ergänzen, mit dem die Höfe gemeinsam die Mittel aufbringen, die die Kulturland eG braucht, um ihre  Grundkosten zu decken und somit die langfristigen Aufgaben der Flächensicherung und Mitgliederverwaltung leisten zu können.

Bei den Überlegungen zur Festlegung des Beitrags stand auf der einen Seite das Bedürfnis der Kulturland eG, ihre Kosten zu decken und auf der anderen die Möglichkeit der einzelnen Höfe, einen Beitrag zu bezahlen. 

Wegen der großen Unterschiedlichkeit ist nur jeder Hof alleine fähig, die Möglichkeit seines Hofes abzuschätzen, deshalb haben wir uns entschlossen auf ein Bieterverfahren zu setzen, bei dem jeder Hof ein freies Gebot abgeben kann. Um den Höfen eine Orientierung zu geben, nehmen wir den bestehenden Pachtvertrag als Richtwert. 

Wir schätzten, dass wir mit einem durchschnittlichen Beitrag von etwa 250 € pro Hektar langfristig unsere Grundstruktur finanzieren können. 

Es wurde zudem mit den Höfen vereinbart, dass sie die Freiheit haben, ihre Beitragszahlung in einem schwierigen Jahr einmalig auszusetzen. Sie können diesen Beitrag entweder nachträglich bezahlen oder die Summe wird in der nächsten Bieterrunde zum Gesamtbudget hinzugerechnet, das heißt von den anderen Höfen übernommen.

Unser Wunsch ist, dass die Kulturland eG und alle ihre Partnerhöfe durch Dialog beim Bieterverfahren als Gemeinschaft mehr voneinander erfahren und so näher zusammen wachsen. 

Wenn in einer Bieterrunde das vorgegebene Budget nicht gedeckt wird, kann eine zweite und dritte Runde durchgeführt werden. Wenn das Budget nicht zusammenkommt, ist das Bieterverfahren gescheitert und es gilt wieder die reguläre Pacht.

Richtwert für den solidarischen Höfebeitrag

Für den solidarischen Höfebeitrag legen wir nur die Kosten der Grundstruktur zugrunde, die wir brauchen, um die dauerhafte Flächensicherung für die Höfe zu gewährleisten. Die Kosten für unser Wachstum, Organisation neuer Flächenkäufe, Weiterentwicklung unserer Aktivitäten (z.B. Hofübernahme und Hofnachfolge…) decken wir aus Eintrittsgeldern und Schenkungen. Diese Einnahmen fallen ja auch anlässlich des Flächenzuwachses an, während die Grundkosten für den Bestand anfallen.

Zu den Kosten der Grundstruktur der eG gehören neben Büro- und Prüfungskosten der Genossenschaft und ihrer Tochtergesellschaften die personelle Kapazität, um

  • die laufenden Finanzgeschäfte zu führen und die rechtliche Struktur aufrechtzuerhalten 
  • die Mitglieder mit Rundbriefen quartalsweise zu informieren 
  • austretende Mitglieder durch neu eingeworbene zu ersetzen
  • Kooperationsstrukturen wie Höferat, Aufsichtsrat, Botschafterinnen-Netzwerk und Generalversammlung am Laufen zu halten.

Die Kosten dieser Grundstruktur schätzen wir für 2025 ausgehend von bisherigen Jahresabschlüssen wie folgt:

  • Lohnkosten 1/2 Geschäftsführung: rund 45.000 € (Arbeitgeber brutto)
  • Lohnkosten 1/2 Bürokraft: 28.000 € (Arbeitgeber brutto)
  • Aufwand Geschäftsstelle inkl. Miete und Webseite: 15.000 €
  • Grundsteuer (500 ha): 6.000 €
  • Kontoführungskosten, Versicherung: 6.000 €
  • Abschluss-, Buchführungs- und Prüfungskosten eG und 30 KGs: 50.000 €
    Summe: rund 150.000 €

Mit diesem Budget können wir die Grundfunktionen der Genossenschaft bei rund 2.500 Mitgliedern, 12 Mio. € Geschäftsguthaben, 500 ha Land und 40 Höfen halten.Außerdem schätzen wir, dass bei jedem 10. Hof Entwicklungen stattfinden, um die wir uns etwas mehr kümmern müssen oder wollen, z.B. Ernteausfälle, soziale Schwierigkeiten oder Hofnachfolgefragen.

Dabei gehen wir davon aus, dass langfristig 5% der Einlagen jährlich gekündigt werden und durch neue ersetzt werden müssen, was der Akquise von 120 neuen Mitgliedern mit 600 T€ eG-Anteilen entspricht - daraus ergibt sich ein Eintrittsgeld in der Höhe von ca. 24.000 €. Somit bleibt ein zu finanzierender Betrag von 126.000 € aus Pachten. 

Mit diesem Budget kommt man auf einen durchschnittlichen Kulturland-Beitrag von ca. 250 €/ha. Wir gehen davon aus, dass wir bei größerer Fläche auch höhere Kosten haben werden, so dass der Betrag je Hektar nicht wirklich sinken wird. Der Kulturland-Beitrag liegt deutlich unterhalb des durchschnittlichen Pachtpreises in Deutschland von 357 €/ha in 2023, obwohl es auch Gegenden gibt, in denen die ortsübliche Pacht niedriger als unser Beitrag ist. 

Online Bieterverfahren

Für die Durchführung der Bieterrunden verwenden wir ein online Werkzeug (ein Dankeschön an den Luzernenhof für ihre Vorlage).


Der Höferat

Anlässlich unseres halbjährlichen Treffens von Aufsichtsrat und Vorstand haben wir im November 2019 im Tagungshaus Lebensbogen bei Kassel unsere Kulturland-Bäuerinnen und -Bauern zur Gründung eines Höferats eingeladen. Ein knappes Dutzend ist der Einladung gefolgt, und es ergab sich ein engagiertes und inspirierendes Treffen, bei dem wir – Vorstände, Aufsichtsräte, Bauern – gemeisam den Sinn und die Wichtigkeit unserer Genossenschaft aus bäuerlicher Sicht noch einmal neu herausgearbeitet haben.

Aus diesem Austausch entstand unter anderem der solidarische Höfebeitrag sowie unser Hofnachfolge-Modell. 

Der Höferat tagt ein- bis zweimal im Jahr virtuell oder auch physisch.